Bühne

Offener Leserbrief an die Stuttgarter Zeitung

Das absolut fabelhafte Frl. Wommy Wonder feierte vor wenigen Tagen die Premiere ihrer aktuellen Show "Wonder-Bar 3D ... jetzt auch mit Anfassen". Es ist ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum. Das Publikum tobte und war an diesem Abend allerbestens unterhalten. Bis auf einen - der verstand weder das Konzept des Abends, noch die Witze. Wahrscheinlich war das Niveau für ihn zu hoch. Dumm nur, dass der einzige, der es nicht verstand, der Schreiberling der Stuttgarter Zeitung war. So kam es, dass die Stuttgarter Nachrichten, deren Gesandter die Show verstand, den Premierenabend sehr lobte und damit die Stimmung im Publikum korrekt wiedergab. Immerhin gab das Publikum am Ende über 12 Minuten stehenden Applaus. Die Stuttgarter Zeitung hingegen einen lieblosen, abwertenden, tendenziösen Verriss dahinrotzte, der weder die konkreten Fakten korrekt wiedergab, noch die Stimmung und Eindrücke des Abends richtig beschrieb. Wenn 199 Leute lachen und Spaß haben, aber einer nicht, wo muss man dann den Fehler suchen? Auf der Bühne sicher nicht. Das wäre ja so, wie wenn ein Geisterfahrer auf der Autobahn die Verkehrsregeln in Frage stellte, da ihm so viele entgegen kommen.

Da die Stuttgarter Zeitung meinen Leserbrief über ihre Homepage bisher nicht veröffentlich hat, möchte ich ihn hier als offenen Leserbrief veröffentlichen.

Ihr Schreiberling Frank A. umschreibt sehr umständlich, dass er an dem Abend eigentlich überhaupt nichts verstanden hat. Es ist keine Schande, ein Programm nicht zu verstehen. Es ist kein Beinbruch, eine Vorstellung nicht zu mögen. Aber es ist ziemlich dämlich, jemanden einen Artikel über etwas schreiben zu lassen, das er ganz offensichtlich nicht im geringsten verstanden hat, und dadurch den Künstlern zu schaden. Und auch so etwas abzudrucken ist eigentlich ein Kunstfehler.
Frl. Wommy Wonder plumpe Zoten zu unterstellen ist in etwa so wie Ghandi einen Kriegstreiber zu nennen.
Ich sehe seit fast 20 Jahren jedes Programm von Frl. Wommy Wonder mehrmals, und ich war schon bei vielen ihrer Premieren dabei - gerade weil ich ihren feinsinnigen und sehr intelligenten Humor sehr schätze.
Michael Panzer beweist immer wieder, dass er ein Meister der Wortspiele ist, der sehr schlagfertig, pointiert und geistreich auch spontan auf jede Situation reagieren kann. Aber um das zu verstehen, hätte Ihr Autor wohl erst einmal auf dem selben Niveau sein müssen.
Und ja, er hat vielleicht richtig erkannt, dass Wommy rein stimmlich einer Maria Callas unterlegen ist - aber hätte er mal auf den Text geachtet, hätte er sicher erkannt, dass hier die Juwelen zu finden sind - und ganz davon abgesehen finde ich den Gesang sowohl von Frl. Wommy Wonder, als auch von Pianist Tobias Becker vollkommen in Ordnung und zum Konzept der Show passend. Das konnte A. aber nicht bemerken, da er das Konzept ja nicht verstand.
Auch Schwester Bärbel darf mehr als nur "herumschlurfen und Grimassen schneiden", sie hat sogar eine sehr beeindruckende Solonummer, die A. komplett entgangen sein musste.
Wommy bietet ein sehr ausgefeiltes Programm, sicher auch mit ein paar sexuellen Witzen, aber auch mit viel Tiefgang, Emotionen und Nachdenklichem. Ehrlich gesagt finde ich das Programm der drei Künstler äußerst sehenswert und eine absolute Empfehlung für Menschen mit geistigem Tiefgang und Sinn für gute Unterhaltung. Stuttgart kann Stolz sein, Wommy, Bärbel und Tobias Becker bieten zu können.
A. muss in einem anderen Programm gewesen sein - oder hat, wie schon erwähnt, rein gar nichts kapiert. Das dafür aber sehr gründlich.

Rampenlicht: BUNTESrepublik Deutschland

Die Theatergruppe "Rampenlicht" des CVJM Stuttgart-Möhringen ist zwar eine Laienspieltruppe, dennoch spielen sie weitaus besser als so manches professionelle Ensemble, das ich gesehen habe. Das mag zum einen daran liegen, dass die Gruppe in dieser Konstellation schon sehr viele Jahre zusammen spielt und die Mitglieder gut aufeinander eingestimmt sind, zum anderen aber auch daran, dass sie schon recht viele Stücke aus den unterschiedlichsten Genres aufgeführt haben. Ich selber durfte in den vergangenen Jahren schon "Dr. Jekyll und Mr. Hyde", "Das Tagebuch der Anne Frank", "Notting Hill" und "Im weißen Rössl" sehen und habe das Theater bisher immer sehr begeistert verlassen.

Die Truppe spielt ihre Stücke immer an mehreren Abenden, und obwohl die Werbung dazu nur per Rundmail verschickt wird ist jeder Abend komplett "ausverkauft", oft müssen noch weitere Stühle herbeigeschafft werden und es ist gar nicht so leicht, eine der begehrten Eintrittskarten zu ergattern. Seit ich in einem Jahr einmal leer ausging habe ich gelernt, mich so früh wie möglich um Karten zu kümmern. Die Karten selber sind zwar kostenlos, doch wird um eine freiwillige Spende gebeten, die man nach so einem unterhaltsamen Abend auch gerne gibt.

Zur Aufführung kam nun in diesem Jahr "Buntesrepublik Deutschland". Kann die Truppe auch mit diesem Stück meine mittlerweile schon hohen Erwartungen erfüllen?

Hinein in die wilden 60er-Jahre: Schlager, Beats, Studentenproteste, sexuelle Befreiung, Pille, Farbfernsehen. In „BuntesRepublik“, der Komödie über das Wirtschaftswunderland Deutschland kann man mit viel Musik und Spaß erleben, wie eine Familie in den Strudel der gesellschaftlichen Umbrüche in einer der aufregendsten und farbigsten Dekaden unseres Landes gerät.

Es beginnt mit der Jubiläumsfeier der Möbelfirma Bunte, auf der die Angestellten der Firma und die Mitglieder der Musterfamilie Bunte zusammen feiern. Doch schnell wird klar, dass die heile Welt nur vordergründig ist und die gesellschaftlichen Änderungen der 60er nicht spurlos an der Familie vorübergegangen sind: Heinrich Bunte hat ein Verhältnis mit seiner Sekretärin Brigitte, die verlangt, dass er sich scheiden lässt, seine Ehefrau Gertrud merkt bei der Lektüre der Bücher von Oswald Kolle, dass sie sexuell nicht zufrieden ist, die Tochter Uschi zieht in eine Kommune und verliebt sich in den Deserteur Karl-Friedrich, anstatt - wie vom Vater gewünscht - den geschätzten Dr. Olaf Baumann zu heiraten, der ein Verfahren entwickelt hat, aus Pappe Möbel zu machen.

Doch bei der Einführung des Farbfernsehens bricht alles auseinander. Angefangen beim Fernsehtisch aus oberflächenbeschichteter Pappe über das Verhältnis zur Sekretärin bis hin zur Ehe der Buntes. Doch nachdem sich Frau Bunte in Indien ihre Chakren anregen ließ und durch einen Deal mit dem Außerhandelsministerium der DDR auch die Firma wieder gerettet ist, steht einem Happy End nichts mehr im Wege.

Die Umsetzung dieses Stoffes war sehr ideenreich. So war das Bühnenbild und die Kostüme während der ersten Hälfte (vor Einführung des Farbfernsehens) hauptsächlich in schwarz-weiß gehalten, dafür ging es in der zweiten Hälfte (nach der Einführung des Farbfernsehens) auf der Bühne um so bunter weiter. Auch eine (züchtige) Szene im Bett wurde visuell sehr schön umgesetzt. Auch sonst gab es ein paar außergewöhnliche Einfälle.

Die ganze Handlung wurde durch viele Lieder aus Rock und Schlager getragen oder ergänzt. Alles wurde live gesungen, und auch die musikalische Begleitung kam nicht aus der Konserve sondern wurde von der 'Bunte-Firmen-Combo "Las Gorillas"' live gespielt. Überraschend war, dass alle Schauspieler auch sehr gut singen konnten und auch bei der Performance zu den Liedern eine gute Figur machten.

Trotz fast 2.5 Stunden Länge kam keine Langeweile auf. Die Truppe konnte die komplette Zeit über sehr gut die Stimmung halten, bei vielen Szenen gab es langanhaltendes schallendes Gelächter im Saal und man hätte gerne noch weiter zuschauen wollen. Interessant und gut umgesetzt war auch, dass bei einer Szene zur sexuellen Revolution relativ offen über alles gesprochen wurde - gerade bei einer Gruppe des CVJM hätte ich das nicht erwartet; der älteren Dame vor mir war die Sprache allerdings manchmal etwas zu freizügig.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es eine absolut rundum gelungene und unterhaltsame Aufführung war, die beeindruckt hat. Und bei aller Professionalität, die diese Laientruppe bietet, würde man sich wünschen, sie viel häufiger auf der Bühne zu sehen.

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